Poznań

Poznań Markt

Diesmal ging es nach Poznań (Posen), eine der bedeutendsten Städte in der polnischen Geschichte. Hier gibt es Siedlungsspuren schon aus der frühchristlichen Zeit. Mit dem Zug fährt man drei Stunden von Berlin, ohne umzusteigen Richtung Warschau. Poznań ist die Hauptstadt der polnischen Woiwodschaft Großpolen (Wielkopolska bzw. Polonia Magna). Groß meint hier nicht die Fläche, sondern, dass es das älteste Siedlungsgebiet Polens ist (großer Bruder).

1253 gründete man auf dem linken Ufer der Warte, gegenüber der Altstadt, eine Siedlung nach Magdeburger Recht. Das bedeutet, dass die Bürger einer geregelten wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen konnten und das Recht auf persönliche Freiheit und Eigentum hatten. Damals war das keine Selbstverständlichkeit.

Posen blühte auf und fand schon im 13. Jahrhundert Erwähnung als Handelszentrum und Messestandort. Hier kreuzten sich wichtige Handelswege zwischen Ost- und Westeuropa und überquerten den Fluss Warthe.

 

Es folgte eine wechselhafte Geschichte mit einigen Auf und Abs, glanzvolle Zeiten als Handelsmetropole im 16. Jahrhundert, Feuer, Überschwemmungen und Kriege im 17. und 18. Jahrhundert, der erste Weltkrieg, der zweite Weltkrieg.

Die Rote Armee nahm die Stadt ein und bis 1947 wurde die gesamte deutsche Bevölkerung gen Westen vertrieben. Mit der  kommunistischen Herrschaft kam es zu Arbeitsplatzverlust und Bevölkerungsschrumpfung.

Aber die Stadt kämpfte sich zurück und es entstand Neues.

Heute ist die Stadt wieder ein internationales Zentrum von Industrie, Handel und Forschung. Und das in vielen Bereichen: Nahrungsmittel, Landwirtschaft, Bau- und Werkzeugmaschinen, Möbel sowie Zahntechnik. Letzteres ist ein stark wachsender Markt. Auch der Tourismus spielt eine immer größer werdende Rolle. Davon konnten wir uns in der wunderschönen Altstadt überzeugen.

Messehallen

Ich kannte die Stadt als Messestadt aus meiner Zeit als Modedesignerin, wo ich sie Ende der 90er einige Male besucht hatte.

Wie hat sie sich verändert!!

Antiquitätengeschaft am Stary Rynek

Wieder hatten wir darauf geachtet ein Hotel in der Nähe des Bahnhofs zu nehmen und auch nicht allzu weit vom Zentrum entfernt, das Hotel Traffic. Wie der Name schon sagt, liegt es an einer befahrenen Strasse und es war zwar ein wenig laut,  aber günstig, nett eingerichtet und sauber.

Wann immer man Polen bereist, kommt man auch in Berührung mit der grauenvollen Geschichte des NS Regimes. 

Mit der Recherche zu den Gedenktafeln, die am Gebäude des Hotels angebracht waren, stellten wir im Nachhinein fest, dass wir im ehemaligen Gestapo Hautquartier genächtigt hatten. Das war hier untergebracht in den Jahren 1939-1945, nach dem Überfall auf Polen am 1. September 1939. Hier wurde im Innenhof der mobile Gaswagen gebaut, mit dem die Nazis die furchtbaren Krankenmorde umsetzten. Schon im Oktober des Jahres begannen im besetzten Poznań  sogenannte „Probevergasungen“ von Psychiatriepatienten durch Kohlenstoffmonoxid. In einer der Kasematten des Fort VII entstand damals im ersten Konzentrationslager in Polen eine provisorische Gaskammer.

Hotel Rzyski - Römisches Hotel

Wir machten abschließend zum Thema noch einen Abstecher zum Hotel Rzymski, in dem Heinrich Himmler die „Posener Reden  hielt, Geheimreden vor Mitgliedern der NSDAP, bei der er die „ Ausrottung des jüdischen Volkes“ rechtfertigte.

Hotel Rzyski Eingang

Stary Rynek

Noch am Nachmittag unseres ersten Tages, nach dem Einchecken im Hotel, machten wir uns auf zum Alten Markt (Stary Rynek). Schon zur Stadtgründung 1253 war es der Ort für Käufe und Verkäufe von Waren aller Art. Dieser Marktplatz ist der drittgrößte in Polen, nach Krakau und Breslau. Bis zum 2. Weltkrieg war er der Mittelpunkt des wirtschaftlichen und politischen Lebens, wurde dann aber in den Kriegsauseinandersetzungen fast komplett zerstört. Heute ist der Platz wieder aufgebaut, die Renaissance und Barock Patrizierhäuser hat man liebevoll restauriert, wenn auch meist nur die Fassaden.

Es ist ein sehr gelungenes Ensemble. Fast möchte ich sagen, von den Marktplätzen, die ich bislang gesehen habe, gefällt er mir am besten. Vielleicht, weil er so klein und übersichtlich ist, und die Fassaden sind besonders hübsch bemalt.

Stary Rynek
Bemalte Fassade am Stary Rynek

Umgeben von einigen öffentlichen Gebäuden, Restaurants und Läden sticht das Rathaus hier am Platz besonders heraus.

Schon kurz nach der Gründung der Stadt hatte man es gebaut. Im 16.Jahrhundert (1550-1567) leistete man sich einen aufwendigen Umbau. Da Poznań damals eine so reiche und aufstrebende Handelsstadt war, konnte man einen berühmten italienischen Architekten aus Lugano/ Tessin engagieren, Giovanni Battista di Quadro, der das Rathaus in einen Renaissance Bau umwandelte. Und nicht nur irgendeinen, heute ist das Gebäude das bedeutendste Bauwerk seiner Art in Europa.

Rathaus in Poznań

Hier ist das Stadtmuseum von Posen untergebracht, leider war es bis auf Weiteres geschlossen.

So sind wir ins Großpolnische Militärmuseum geraten, das in einem naheliegenden Pavillon untergebracht ist.

Eine große Sammlung militärischer Objekte sind zu besichtigen. Gemälde, Uniformen, Waffen, Miniatur Nachbildungen von Geräten, Fahrzeugen, Flugzeugen und Ähnlichem; fast 40 000 Ausstellungsstücke soll es hier geben. Nach einem schnellen Rundgang haben wir es wieder verlassen, ich fand es nicht so interessant.

Taucher im Militärmuseum

Das Rathaus, die vielen Renaissance und Barockbauten, auch die schön gestalteten  Brunnen, die hier um den Rynek stehen, bringen dem Platz ein mediterranes Flair. Es gab ein reges Treiben, hier bummelt man gerne und nimmt in einem der vielen Restaurants einen kleinen Imbiss und ein Piwo (Bier) zu sich.

Wir hatten Glück, auch das Wetter spielte mit.

Am letzten Tag unseres Aufenthalts begann man wieder einen Markt aufzubauen, mit Buden, wie wir es schon aus Breslau kannten.

Brunnen vor dem Rathaus

Die Dominsel -Ostrów Tumski

An unserem zweiten Tag machten wir uns auf zur Dominsel. Das wurde ein etwas weiterer Weg, der uns wieder durch die sehenswerte Altstadt führte.

Hier ist im Vergleich zu Breslau noch vieles im Dornröschenschlaf. Mit dem, was schon renoviert wurde, kann man sich vorstellen, wie es in ein paar Jahren aussehen wird. Noch aber gibt es Ecken, die einen morbiden Charme verströmen, alles noch nicht fertig und das hat eine besondere Atmosphäre.

Wir überquerten den Fluss Warthe, um auf die letzte verbliebe Insel zu kommen, die Ostrów Tumski. Sie liegt zwischen zwei Flussarmen, in der Gabelung der beiden Flüsse, Warthe und Cybina. Früher gab es hier viele solcher Inseln.

Die Dominsel könnte man als Ursprung Polens bezeichnen, hier beginnt die polnische Geschichte mit der Errichtung des ersten Bistums im Jahr 968.  Auch die große Kathedrale ist die erste ihrer Art in Polen. Im 10. Jahrhundert begann man mit dem Bau.

In der Krypta kann man die Relikte des ersten Doms, sowie die Grabmäler erster polnischen Herrscher besichtigen. Vom Turm hat man einen  einen wunderbaren Blick über die Stadt.

Sakralbauten auf der Dominsel

Man sagt, die Dominsel sei das schönste Gebiet in Poznań und ich habe es auch so empfunden. Hier ist alles perfekt, von den gepflasterten Strassen, bis zu den schönen Gärten und den gepflegten Häusern.

Querschnitt (P) des Wissens

Bei unserem Spaziergang auf der Insel ist uns eine interessante Kunstinstallation aufgefallen, die hier ganz im Gegensatz zu den alten Gebäuden steht. Sie heißt  „Querschnitt (P) des Wissens“. Scheinbar aus dem archäologischen Museum kommend, überragt sie die Straße Ul. NS. Ignacy Posadzego und führt weiter über die Mauer Richtung Dom.

P und der Dom

Im Museum sieht man die Ausgrabung eines Schutzwalls aus dem 10 Jahrhundert. Sie ist aus der Zeit von Mieszko I.. Die Befestigung ist über 40 Meter breit und 12 Meter hoch.

Wir hatten diesmal leider keine Zeit das Museum zu besuchen. Das haben wir uns aufgehoben für unseren nächsten Poznań Besuch. An einen Tag vielleicht, wenn das Wetter mehr zu Indoor Aktivitäten einlädt.

Śródka

Bischof-Jordan-Brücke

Weiter wanderten wir über die Bischof-Jordan-Brücke, benannt nach dem ersten Bischoff der Dioziöse Posen und Polen. Sie ist die Verbindung der Dominsel mit dem Stadtteil Śródka und führt über den Fluss Cybina. Diese Brücke wurde 2007 eröffnet, aber schon seit über 1000 Jahren, seit dem frühen Mittelalter, existiert hier ein Übergang. Zuerst als eine bewachte Holzbrücke unter Mieszko I. errichtet, hatte sie einige Nachfolger bis zur heutigen Konstruktion.

Als reine Fußgänger- und Radfahrerbrücke gedacht, zieht sie auch die Paare an, die hier ihre Schlösser der Liebe und Verbundenheit anbringen.

Freundschaftsschlösser an der Bischof-Jordan-Brücke

Schon in der frühen Steinzeit gab es im Stadtteil Śródka Besiedelung, man fand in den Jahren 2012-2013 Überreste von Geschirr und Werkzeugen aus dieser Zeit.

Vor der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts (1231) erhielte die Siedlung die Stadtrechte. Als dann auf der anderen Flussseite die Stadt Posen wuchs, wurde der Ort am 28. Juni 1800 eingemeindet.

Der Mittelpunkt in Śródka war der Śródecki-Markt, ein großer Marktplatz, mit vielen Gewerken wie Bäcker, Schuhmacher und Metzgereien. Daher kommt auch der Name des Ortes. Das polnische Wort „Środa“ – „Mittwoch“, steht für den Wochenmarkt, der an diesem Tag dort stattfand. Leider wurde der Platz während des Krieges und danach durch Bauarbeiten größtenteils zerstört.

Grüne Symphonie

In Śródka gibt es zwei große Wandbilder zu besichtigen. Das erste, an dem wir vorbei kamen, ist einen Installation von Rohren, Dachrinnen und andren Stahlelementen. Sie heißt „Grüne Symphonie“. Wenn es regnet und das Wasser durch die Rohre fließt, gibt es einen Sound. Es rinnt weiter in die Tanks am Boden. Leider oder Gott sei Dank hatten wir keinen Regen, sondern strahlenden Sonnenschein.

Tale of the Center mit einem Trompeter auf dem Dach und einer Katze im Hintergrund

Ein paar Meter weiter kamen wir zum Rynek Śródecki (Śródecki Platz). Hier sahen  wir das große dreidimensionale Wandbild „ Tale of the Center mit einem Trompeter auf dem Dach und einer Katze im Hintergrund„. Es dauerte einige Jahre, bis die Finanzierung für dieses Kunstwerk stand, aber heute ist es eine der touristischen Attraktionen in Poznań, fertiggestellt im Jahr 2015. Angelehnt ist das Bild an Fotos aus den 1920er Jahren und erinnert an das historische Markttreiben hier im Viertel.

Stary Marych

Der Bürger Stary Marych

Auf unseren Streifzügen durch die Altstadt und die angrenzenden Gebiete trafen wir in der Półwiejska-Straße auf Stary Marych (Alt Marych). Die Figur entstammt einer Radiosendung, in der ein fiktiver, typischer Posener Bürger zu den Zuhörern sprach. Im Posener Dialekt und auch immer etwas mürrisch, aber sympathisch, amüsant und rechtschaffen unterhielt er die Menschen. 

Der Radfahrer

Erfunden wurde sie von Juliusz Kubel, einem beliebten Moderator für ein Hörspiel des polnischen Rundfunks.

1998 hatte die überregionale Tageszeitung Gazeta Wyborcza den Wettbewerb „Poznaniak na pedestal“ ( Posen auf dem Sockel) ausgerufen, um eine Person des öffentlichen Lebens für dieses Projekt zu suchen. Es wurde Stary Marych. 

Im Jahr 2001 hat der Künstler Robert Sobociński dann die Bronzestatue geschaffen. Einen Mann in Arbeitskleidung mit Fahrrad und Aktentasche auf dem Weg Richtung Zentrum. Er reiht sich hier ein in das geschäftige Laufen der Passanten.

Stare Zoo

Am nächsten Tag machten wir uns auf, um den Alten Zoo  (Stare Zoo) zu besuchen. Poznań, als einzige Stadt in Polen, hat zwei zoologische Gärten, den alten und den neuen (Nowe Zoo). Stare Zoo wurde 1874 eröffnet und ist einer der ältesten im Land und wirklich sehenswert. Er ist klein und übersichtlich und kostet keinen Eintritt, nur für das  Aquarium/Terrarium muss man bezahlen. So war der Park auch gut besucht, viele Familien hatten ihren Spass beim Betrachten der Tiere. 

Das Highland Rind

Heute gibt es hier keine großen Tiere mehr, sondern nur ein paar Haustiere, wie: Schweine, Rinder Esel und kleinere Affenarten. Viele Tiere haben einen Namen, kleine Schilder hängen an den Gehegen. Das macht die Tierhaltung persönlich und sympathisch. Sie haben viel Platz und von einigen Tieren kann man auch ihre Geschichte erfahren. Auf Polnisch allerdings, da hilft dann eben der Google Translator.

Jagoda und Malina

Die großen Tiere, wie Raubkatzen, Elefanten und Bären, die hier früher lebten, sind heute im Nowe Zoo untergebracht. Sehen kann man hier noch die alten Käfige und Freianlagen, sie werden jetzt zu einem Museum umgebaut. Man bekommt einen Eindruck, was sich doch heute in der Zootierhaltung schon verändert hat, lebten die Tiere damals sehr beengt und eingekerkert.

Zoo Poznań

Die Geschichte des Zoos begann, als sich im Jahr 1871 Stammgäste eines damaligen Restaurants ein außergewöhnliches Geburtstagsgeschenk für den Besitzer ausdachten. Sie brachten eine erste Menagerie: ein Schwein, eine Ziege, ein Schaf, eine Katze, ein Kaninchen, ein Eichhörnchen, eine Gans, eine Ente, ein Huhn, ein Pfau sowie einen trainierter Bären und einen Affen. Dank Spenden der Posener Einwohner kamen weitere Tiere dazu und bildeten den Grundstock für den zukünftigen Zoo, der dann drei Jahre später als Aktiengesellschaft offiziell gegründet wurde.

Schon 1880 hatte der Zoo 250 Tiere , 59 Arten umfassend und er wuchs stetig. Auch Konzerte, Shows und andere kulturelle Events wurden veranstaltet. 1913 und 1914 gab Johann Strauss III. Konzerte im Zoo in Posen. Die Fläche wurde ständig erweitert. Anfang des 20. Jahrhunderts und besonders zwischen den Kriegen war die galnzvollste Zeit. 

Vor Beginn des Zweiten Weltkriegs beherbergte der Posener Zoo 1184 Tiere von 300 Arten. Aber nur 175 Tiere überlebten den Krieg und viele Zoogebäude wurden zerstört.

1974 wurde der Neue Zoo in Posen in der Nähe des Maltasees mit einer Fläche von 120,6 Hektar eröffnet und 1978 wurde der Alte Zoo in das Verzeichnis des Kulturerbes aufgenommen.

Eine kleine charmante Erinnerung an kommunistische Zeiten, der Babywickeltisch im Freien und das Kinderkarussell.

Fazit: Poznań ist auf jeden Fall eine Reise wert und auch eine zweite. Beim Nächsten Mal werden wir etwas mehr Augenmerk auf die Museen legen, denn da gibt es ja auch noch eine Menge zu sehen.