Die Orkneys sind ein Archipel, der zu Schottland gehört. Schon die Anreise dorthin ist ein Abenteuer, denn man überquert den Pentland Firth. Hier treffen die Nordsee und der Atlantik aufeinander, es ist eines der strömungsreichsten und gefährlichsten Seegebiete Europas.
Steinkreise, archäologische Ausgrabungen, eine Wikinger Vergangenheit, Geschichte aus beiden Weltkriegen, Klippen, ein saftiger Teppich aus fruchtbarem Grün, sanfte Hügel, blaues Wasser – ein Besuch auf den Orkneys hat viele Facetten, und eine ganz eigene Schönheit.
Zweiundsechzig Inseln hat der Archipel, von denen nur sechzehn bewohnt sind. Es sind Inseln aus rotem Sandstein, the „Old Red Sandstone“, in den unterschiedlichsten Schattierungen zwischen Rot, über Ocker, gelb bis Grau.
Bedeckt sind sie mit einem Teppich aus saftigem Grün und an den Küsten fallen die Klippen oft steil ab. Bäume sieht man hier kaum, dafür überall Landwirtschaft und Viehzucht, die Inseln werden auch als „Kornkammer Nordschottlands“ bezeichnet.
Mit der Fähre von Gills Bay nach St. Margret Hope auf South Ronaldsay erlebt man eine sehr schöne Einfahrt in die Bucht Scapa Flow. Das ist ein zwanzig Kilometer breiter Naturhafen, der fast vollständig von den Inseln eingeschlossen ist. In der Geschichte der Orkneys spielte dieser Hafen stets eine wichtige Rolle. Schon die Wikinger sollen ihn im 13. Jahrhundert genutzt haben. Eine besondere Bedeutung bekam der Stützpunkt noch einmal während der beiden Weltkriege. Die britische Flotte, die Royal Navy, war hier stationiert und deshalb drangen immer wieder deutsche Schiffe und U-Boote ein, um die Briten anzugreifen.
Scapa Flow
Hier zwei Ereignisse
Nach dem Waffenstillstand 1918 in Ersten Weltkrieg stand man kurz vor der Unterzeichnung eines Friedensvertrags. Es wurden vierundsiebzig Schiffe der deutschen Kriegsflotte in Scapa Flow interniert und der Vertrag sah vor, sie an die Briten auszuliefern. Aus diesem Grund gab der deutsche Admiral Ludwig von Reuter am 21. Juni 1919 den Befehl zur Selbstversenkung. Fast alle Schiffe setzte man auf Grund, damit sie nicht in die Hände der Alliierten fielen. Es waren gewaltige Kriegsschiffe, die mit Längen von bis zu 220 Metern zu den damals grössten der Welt zählten.
Einen Großteil der Flotte hat man später gehoben und verwertet. Es liegen jedoch immer noch sieben Schiffe am Meeresgrund. Heute sind sie ein beliebtes Ziel für Taucher.
Der Hafen Scapa Flow wurde danach an der Ostseite zuerst nur mit Blockschiffen gesichert, ausgemusterte Schiffe, die man versenkte und die somit die Fahrrinne blockieren. Einige von ihnen kann man heute noch sehen.
Im Zweiten Weltkrieg jedoch, am 14. Oktober 1939 gelang es der deutsche Marine mit dem Unterseeboot U 47 in die Bucht einzudringen. Das Boot stand unter dem Kommando von Kapitänleutnant Günther Prien. Er konnte das britische Schlachtschiff „HMS Royal Oak“ mit 833 Mann Besatzung versenken und danach den Hafen wieder verlassen. Alle Besatzungsmitglieder der Royal Oak starben, darunter auch viele Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren. Das Schiff wurde bis heute nicht gehoben und liegt immer noch in der Bucht, markiert mit einer grünen Boje. Eine Gedenktafel in der St. Magnus Kathedrale in Kirkwall erinnert an dieses schreckliche Ereignis.
Churchill Barriers
Nach diesem Unglück beschloss man unter Premierminister Winston Churchill die Einfahrt zu Scapa Flow besser absichern und beschloss Dämme aus Beton zu bauen. So entstanden die Churchill Barriers.
Sie wurden von italienischen Kriegsgefangenen des sogenannten Camp 60 gebaut. Allerdings erreichten die Dämme nie eine strategische Bedeutung, da sie erst nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs fertiggestellt waren. Heute dienen sie der Infrastruktur und verbinden die Inseln South Ronaldsay über Burray, Glimps Holm und Lamb Holm mit der Hauptinsel Mainland mit eine Gesamtlänge von 1,5 Meilen (2,3 km).
Italien Chapel
Das führt uns weiter zu der nächsten Sehenswürdigkeit auf Lamb Holm. Die Italiener bekamen die Genehmigung hier eine Kirche, die „Italian Chapel“, für ihre Gottesdienste zu errichten. Ab 1942 begannen sie zwei zusammengesetzte Nissenhütten als Gotteshaus umzugestalten. Sie wird heute immer noch genutzt, ist aber auch gleichzeitig eine Touristen Attraktion. Besonders die liebenswerte Gestaltung im Inneren ist sehenswert.
Kirkwall
Auf Mainland, so heißt die wichtigste und größte Insel, liegen die beiden Städte der Inselgruppe. Kirkwall, die Hauptstadt, ist Verwaltungsort und Verkehrsknotenpunkt mit circa 7000 Einwohnern. Stromness, einmal quer über die Insel gefahren, Richtung Westen, hat 2000 Einwohner.
Der Hauptort macht einen gemütlichen, kleinstädtischen Eindruck. Von hier verkehren die Fähren zum schottischen Festland, zu den Shetlands und zu den kleineren Inseln. Die Stadt hat eine lange Geschichte. Sie ist altnordischen Ursprungs, wie die Orkneyinga saga erzählt,die Sage der ersten norwegischen Jarle (engl.:Earl, dtsch.: Graf).
Erstim Jahr 1468 wurde Kirkwall schottisch, als der schottische König Jakob III. Margarethe von Dänemark, die Tochter des dänischen Königs Christian I., heiratete. Sie brachte Orkney und die Shetland Inseln als Mitgift ein.
St Magnús Kathedrale
Der heiliger Magnús von Orkney (1075-1115) ist der Namensgeber der Kathedrale, die im Jahr 1137 ihm zu Ehren von seinem Neffe eingeweiht wurde. Die St Magnus Cathedral, auch bekannt als „Das Licht des Nordens“ ist die nördlichste Kathedrale in Großbritannien.
Magnús lebte um 1100 nach Christus, in der Zeit als die Inselgruppe zu Norwegen gehörte. Fast zehn Jahre (etwa 1105 bis 1114) regierte er mit seinem Cousin Hakon gemeinsam in Harmonie. Dann aber kam es zu Meinungsverschiedenheiten undAuseinandersetzungen der beiden Herrscher. Es endete damit, dass Magnús bei Friedensverhandlungen hinterhältig gefangen genommen und zum Tode verurteilt wurde. Hakon ließ ihn hinrichten, die Strafe war grausam, man spaltete ihm den Kopf.
Er starb als Märtyrer und wurde später im Jahr 1898 von PapstLeo XIII. heilig gesprochen. Seine sterblichen Überreste sollen in der Kathedrale liegen, ob sie echt sind, darüber streiten die Historiker. Jedes Jahr am 16. April, dem vermutlichen Todestag, feiern die Einwohner Orkneys feiern ihren heiligen Schutzpatron.
Die Kathedrale ist einzigartig wegen der verschiedenen Sandsteinfarben der Ornamente an der Fassade, beide Steinarten stammen von den Orkney Inseln. Auch ein Blick in das Kirchenschiff ist lohnenswert. Anlässlich des 850. Geburtstages der Kirche enthüllte Königin Elisabeth im Jahr 1987 ein großes Buntglasfenster. Zudem findet man die geborgene Schiffsglocke der H.M.S. Royal Oak, sowie eine Gedenktafel an die verstorbene Besatzung.
Das Herz des neolithischen Orkney.
Mit diesem Begriff bezeichnetman die Ansammlung der bedeutendsten Kulturdenkmale auf dem Orkney Archipel. Ende 1999 bekamen sie den Status UNESCO Weltkulturerbe.
Scara Braeist ein Steinzeitdorf aus dem Neolithikum. Das ist eine Epoche der Menschheitsgeschichte, die als Übergang von Jäger- und Sammlerkulturen zu Hirten- und Bauernkulturen beschrieben wird. Das Dorf gilt als die am besten erhaltene Siedlung der Jungsteinzeit in Europa, es war mehr als 600 Jahre lang bewohnt. Archäologen datieren es auf ungefähr 3100 bis 2500 v. Chr. . Man nennt es auch das „Pompeji Schottlands“ oder auch „Ägypten des Nordens“. «Man braucht hier bloß einen Stein umzudrehen, und schon stößt man mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine neue Stätte.», heißt es.
Jahrhundertelang lag die Siedlung verborgen unter einer Sanddecke. Im Jahr 1850 kam es zu einem gewaltigen Sturm in der Bucht von Skaill, an der Westküste der Hauptinsel Mainland. Zweihundert Menschen kamen dabei ums Leben. Der Sturm fegte die Dünen weg und legte ein gut erhaltenes steinzeitliches Dorf frei. Ein spektakulärsten Fund, der Einblick erlaubt in den Alltag des Neolithikums. Rundliche Steinbehausungen, verbunden durch überdachte Wege, eng aneinander gedrängt zum Schutz gegen die harten Winter. Im Inneren gab es Feuerstellen, die Wohnräume waren mit steinernen Bettstellen und sogar Schränken ausgestattet.
Ring of Brodgar
Standing Stones of Stenness
Orkney hat einen zweiten Steinkreis, auf das Jahr 3100 v. Chr.. datiert und somit einer der frühesten Großbritanniens. Von ehemals zwölf Steinen, die ein Oval mit dreißig Metern Durchmesser bildeten, sind nur vier stehengeblieben. Im Zentrum liegt eine große Feuerstelle, die man noch sieht.
Leider zerstörte der Bauer Captain MacKay Anfang des 19. Jahrhunderts vieles, da er sich immer wieder darüber ärgerte, dass Besucher des Kreises sein Feld zertrampelten. So hat er einige der großen Steine umgestürzt und diese angeblich zum Bau seines Kuhstalls benutzt. Das sind allerdings ungesicherte Informationen und auch der Zweck der Steinkreise bleibt bis heute ungeklärt.
Den Dolmen rekonstruierte man erst 1907 und schon 1972 wurde er erneut durch eine Party auf dem Gelände zerstört. Und ob es überhaupt ein Steingrab war oder ein Altar, wie Sir Walter Scott behauptete, kann die Archäologie ebenfalls nicht gesichert beweisen.